Am Samstag, den 16. Oktober 2001, fand zum 16. Mal der BuCon im Bürgerhaus von Dreieich-Buchschlag in der Nähe von Frankfurt am Main statt. Für mich war es der erste BuCon und ein ganz wichtiger obendrein: Dort sollte ich zum ersten Mal als Herausgeberin einer Anthologie in Erscheinung treten. Es war vorgesehen, die Storysammlung "jenseits des happy ends" der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Um 13 Uhr wollte Udo Mörsch, mit dessen GoVerlag ich bei der Anthologie zusammengearbeitet habe, im Bürgerhaus eintreffen und 30 druckfrische Exemplare des Buchs von seinem Wohnort Köln mitbringen. Da um 14 Uhr drei Autor(inn)en aus "jenseits des happy ends" vorlesen sollten, hatte er schon vorher angedroht, bis dahin wolle er uns auf jeden Fall auf die Folter spannen und keine Minute vorher das Buch "enthüllen". Nun gut, dachte ich, die ich die Anthologie vorher ja auch noch nicht gesehen hatte und genauso gespannt wie alle anderen war, so ein bisschen Geheimniskrämerei kann nur der Werbung guttun. Auch Maja Rosenberg, Michael Fritzsche und Thorsten Küper, die um 14 Uhr lesen wollten, machten gute Miene zu bösem Spiel. Hoffentlich kommt er rechtzeitig! wünschten sie sich nur. Ich konnte sie beruhigen: Udo ist zuverlässig.

Nun hatten wir etwas Zeit, um uns ein wenig in dem großen Saal umzusehen, wo an den Seitenwänden Tische aufgebaut waren, an denen die unterschiedlichsten Druck- und sonstigen Erzeugnisse aus der Welt der Sciencefiction und Fantasy aufgebaut waren. Dort hatten auch Udo und ich je einen Tisch gemietet. Während meiner mit Exemplaren all meiner Bücher und diversen Flyern belegt war, war Udos Tisch blank und leer und sah irgendwie ganz traurig aus. Nur das Schildchen GoVerlag, das zur Kennzeichnung darauf lag, zeigte an, dass der Platz noch seiner Bestimmung zugeführt werden sollte.

In der Mitte des Saals standen große Tische, an denen man sitzen und plaudern, essen und trinken konnte. Viele von ihnen waren besetzt. An einem von ihnen saßen Perry Rhodan- und Star Trek-Fans beisammen und kommunizierten auf einträchtigste Weise miteinander. Wenn jemand bei dieser ungleichen Zusammensetzung Raumschlachten erwartet haben sollte, der wurde enttäuscht. Es sei verraten, dass es auf dem BuCon überhaupt den ganzen Nachmittag und auch bis zum Schluss am späten Abend friedlich und freundlich und, ja, fast familiär zuging,

Zwischen all den Besuchern (220 sollen es gewesen sein, wie Roger Murmann, einer der BuCon-Macher, später erzählte) tauchten immer wieder einmal abenteuerliche Gestalten auf, die sich für den Kostümwettbewerb verkleidet hatten. Um 20 Uhr sollten die besten Kostüme in den Kategorien "Sciencefiction" und "Fantasy" prämiert werden. Eine dieser Gestalten war unverkennbar. Ich habe mir sagen lassen, dass man ihn auf BuchmesseCons noch niemals anders erlebt habe als in seinem hellen Westernanzug mit dem ausladenden Cowboyhut: das rauschebärtige Urgestein Werner K. Giesa. Dies ist ein Zitat. Es stammt nicht von mir, ich habe es irgendwo aufgeschnappt. Aber ich finde es ungemein passend.

Die Veranstaltungen des Tages verliefen auf zwei Schienen, einmal im "Transporterraum", wo auch die angemeldeten Lesungen stattfinden sollten, und im "Maschinenraum". Wer sich für die einzelnen Events interessiert, kann sich gerne unter www.buchmessecon.de näher informieren. Einige Programmpunkte waren "Maddrax-Meeting", "Zaubermond Autorenpanels" mit Marten Veit, Jürgen Heinzerling, B.Frenz, Manfred Weinland, Jo Zybell, Ernst Vlcek, Ralf Schuder, Dario Vandis. Ferner berichteten Klaus Witzenhausen und Christian H. Spließ über SF im Internet – Zur Phantastik im Web - Was man als SF-Webmaster so erlebt. Harry Theodor Master las aus seinem Roman "Holyfort 3" und "Walden Two" von B.F.Skinner, dem Begründer der Verhaltenspsychologie. Die Aufzählung ist äußerst unvollständig, und ich bitte alle diejenigen, die ich hier nicht erwähnt habe, mir zu verzeihen.

Ich selber hatte kaum Zeit, mich um fremde Darbietungen zu kümmern, denn inzwischen waren auch noch weitere Autoren unserer Anthologie im Bürgerhaus eingetroffen. Es war immer wieder spannend: Man ging aufeinander zu, schaute sich fragend an, "Bist du ...?", "Ja, du bist doch ...", so in der Art. Zwar kannte man sich von vielen, vielen Mails, neuerdings auch von den Fotos, die in den jüngsten SF-Flash-Ausgaben abgebildet waren, doch in natura sahen wir doch alle ganz anders aus.

Es wurde 14 Uhr. Kein Udo Mörsch und keine "jenseits des happy ends"-Exemplare! Die Lesung der drei Anthologie-Autor(inn)en wurde angekündigt, es half nichts, die Veranstaltung im Transporterraum musste beginnen. Zum Glück hatten die drei ihre Manuskripte mitgebracht, denn zu ihrer Schande muss die Herausgeberin gestehen, dass sie eine solche Panne nicht ins Kalkül gezogen und keine Texte mitgebracht hatte. (Bis auf die eigenen, denn ich sollte später aus meiner Lost Planets-Saga lesen, aber dazu komme ich noch).

Wenn man von der beklagenswert niedrigen Zahl der Zuhörer absieht, war die Lesung ein voller Erfolg. Alles klappte wunderbar, Thorsten Küper verriet uns, was es mit "Jenkins Zuflucht" auf sich hat, Maja Rosenberg erschreckte alle mit "Krabbeltierchen", und Michael Fritzsche malte ein düsteres Szenario für den Fortbestand der Menschheit ... alles ganz wunderbar passend zu unserem Buchtitel "jenseits des happy ends".

Wunderbar passte auch dazu, dass ich unser Buch am Ende der Lesung um 15 Uhr immer noch nicht vorstellen konnte. Udo Mörsch war noch nicht eingetroffen. Doch mittlerweile hatte Torsten Rybka von den WortWelteN (www.wortwelten.de) Kontakt aufgenommen. Es stellte sich heraus, dass unsere Bücher und natürlich auch unser Udo am berüchtigten Elzer Berg in einem 20 Kilometer langen Stau steckten. Na prima!

Enttäuschte Gesichter allenthalben. Waren etwa einige Besucher nur gekommen, um sich unser Buch anzuschauen und dann sofort den BuCon wieder zu verlassen? Nein, das will ich doch nicht annehmen. Aber sicher bin ich mir, dass das Nichtvorhandensein von erstehbaren Exemplaren doch den einen oder anderen Spontankauf verhindert hat.

Nun, so hatten wir Zeit, uns, während im Transporterraum René Wagner über Phantastische Hörbücher referierte, bei einem Kaffee ein wenig zu erholen. Oder war es ein Bier gewesen? Egal ...

Und dann wurde, wie schnell doch die Zeit vergangen war, aus der Herausgeberin die Autorin Barbara Jung. Ich hatte mich bereit erklärt, aus meiner Lost Planets-Saga vorzulesen. Kein Mensch, auch nicht der gutwilligste, kann ermessen, welche Schwierigkeiten es mir bereitet hat, aus den ca. 2000 Seiten, welche diese Saga umfasst, einige wenige Stellen auszusuchen, deren Vorlesen etwa eine Stunde in Anspruch nehmen würde. Hinzu kam mein Widerwillen, nach den schrecklichen Terroranschlägen und dem jetzigen Kriegsgeschehen in Afghanistan die ins Auge gefasste Raumschlacht vorzulesen, die ich schon vor Wochen ausersehen hatte. So hatte ich kurzfristig zwei, drei andere Passagen ausgewählt, konnte mich aber nicht entscheiden, welche ich nun wirklich nehmen sollte. Ob ihr es glaubt oder nicht, endgültig festgelegt hatte ich mich am Vormittag auf der Autofahrt von zu Hause in Frankfurt-Preungeshein nach Dreieich-Buchschlag.

Eine solche Sinneswandlung ist für eine(n) Autoren/in nicht unbedingt ein Problem. Wenn es auch schon einige Zeit her ist, dass ich diese Bücher geschrieben habe, so habe ich sie doch mehrfach intensivst überarbeitet und kenne die Texte, wenn aus nicht aus dem Gedächtnis, so doch gut genug, um nicht ins Schleudern zu geraten.

Ins Schleudern geriet ich, als ich meine Zuhörer ... es waren vielleicht fünf mehr als bei der Anthologie-Lesung ... begrüßt hatte, meinen ersten Band an der gekennzeichneten Stelle aufschlug und loslegen wollte. Ich stellte fest, dass ich die falsche Brille auf der Nase hatte und die Buchstaben vor meinen Augen verschwammen. Bis dahin war ich von Lampenfieber einigermaßen verschont geblieben, doch jetzt stellte sich ganz vehement eine ganz gemeine Nervosität ein. Meine Lesebrille steckte in meiner Handtasche, und meine Handtasche war im Hauptraum an meinem Stand geblieben, wo Michael Fritzsches Frau sowie Tochter liebenswürdigerweise die Stellung hielten. Aber das Schicksal hatte ein Einsehen, vielleicht lag es auch am gut leserlichen Book on Demand-Druck, jedenfalls stellten sich meine Augen auf die Buchstaben ein, meine Nervosität legte sich, und fortan lief alles wie am Schnürchen.

Und dann, dann gab es doch noch ein Happy end, gerade zum Schluss der für mich reservierten Lesezeit: Udo Mörsch tauchte im Transporterraum auf, abgehetzt und außer Atem. Im Laufschritt hatte er unsere lang ersehnten Anthologie-Exemplare vom Parkplatz hergetragen. Ich denke mal, dass der Gute bisher nur höchst selten mit solchem Jubel empfangen worden ist :-) "Vier Stunden von Köln nach Frankfurt!", konnte er nur ächzen und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

Nun, um es kurz zu machen: Unser Buch ist bei allen gut angekommen, zumindest die Äußerlichkeiten sind anerkennend gewürdigt worden. Auf den Inhalt konnte natürlich noch niemand eingehen. Ich hoffe, dass noch eine Menge Resonanz kommt, denn an diesem Tag seines Erscheinens ist das Buch schon einige Male verkauft worden. Wie erfreut wir darüber waren, brauche ich nicht extra zu betonen, nehme ich an.

Später hat die Autorin Monika Felten aus ihrem Roman "Elfenfeuer" gelesen. Dies anzuhören, hatte ich mir extra die Zeit genommen, und ich habe es nicht bereut. Sie machte das ganz souverän und schlug mit ihrer Vortragsweise die Zuhörer in ihren Bann. Ich habe einiges von ihr lernen können, das will ich hier nicht verschweigen. Übrigens habe ich mir am nächsten Tag ihr Buch bei Amazon bestellt. Wie schön wäre es, wenn ich mit meiner Lesung auch so erfolgreich gewesen wäre ;-)

Ein herausragendes Ereignis der Veranstaltung war die Verleihung des Deutschen Phantastik-Preises (Phantastik.de-Award). Ich möchte hier nicht alle Gewinner namentlich nennen, nur erwähnen, dass der oben genannte Werner K. Giesa in der Kategorie "bester Autor" und Bjørn Jagnow (einer unserer Anthologie-Autoren ... worauf wir sehr stolz sind) mit seinem Roman "Wilde Jagd"in der Kategorie "bester deutscher Roman" nominiert waren. Leider hat es mit dem Preis nicht geklappt, doch in meinen Augen ist allein eine Nominierung eine phantastische Sache!

Ja, was soll ich vom BuchmesseCon noch berichten? Die für meine Person wesentlichen Dinge habe ich euch ausführlich geschildert. Ich habe zahlreiche interessante Menschen getroffen, viele von ihnen kannte ich schon lange aus dem Internet, doch stand ich ihnen in Dreieich das erste Mal von Angesicht zu Angesicht gegenüber, und wir haben uns auf Anhieb alle gut verstanden. Es war ein anstrengender, aber schöner und sehr interessanter Tag gewesen, und wenn nichts dazwischen kommt, möchte ich gerne auch im nächsten Jahr wieder teilnehmen.

Ich danke euch, dass ihr euch die Mühe gemacht habt, meinen langen Erzählungen zu folgen. Jetzt bleibt mir nur noch, euch für eure Geduld zu danken, und ... ich habe es bereits in ihr Gästebuch bei www.buchmessecon.de geschrieben ... den Machern des BuCon für ihre Mühe, die sie sich mit allem gegeben haben.

Gruß
Barbara

ZURÜCK